RBG Langenau

AGD2014 introWarum trugen wir zum Einzug in die Kirche Kerzen? Warum nannten wir scheinbar beliebig ausgewählte Länder? (z.B.: Algerien, Bosnien, Gambia, Georgien, Indien, Irak, Kamerun, Kosovo, Mazedonien, Mongolei, Nigeria, Pakistan, Russische Föderation, Serbien, Sudan, Syrien, Togo, Türkei)

Der Grund ist einfach: Die Asylbewerber, die in Langenau untergekommen sind, stammen aus diesen Ländern. Genau genommen sind es 28 Nationen. Für alle diese Menschen brennt eine Kerze. Aber genügt das?

 

Während der Vorbereitung zu diesem Gottesdienst fragten wir uns, ob unsere Schule, d.h. jeder von uns, wirklich ohne Rassismus ist und viel Courage hat? Wie würden wir reagieren, wenn unsere Schule Flüchtlinge aufnehmen sollte? Würden wir nicht die gleichen Einwände formulieren wie die Menschen vor zweitausend Jahren?!

Die Abiturienten fragten im Religionsunterricht: Wer sind heute bei uns die Ausgegrenzten? Die Antwort kennt ihr.

Die Abiturienten fragen weiter: Was können wir an der Schule im Umgang mit Flüchtlingen tun? Wir wollen doch eine Schule mit Courage sein! Soll das RBG einen Raum für die Asyl Suchenden frei räumen? Und welchen? Etwa ihren Aufenthaltsraum? Oder soll es ein Klassenzimmer sein? Oder das Rektorat? Oder doch lieber der Fahrradkeller?

Uns kamen noch viele Ideen, die zwar lustig waren, aber von der Heraus­forderung wegführten: Was können wir tun?

Wir handelten wie die Weisen und erkundigten uns: Das war mein Aufgabe. Nach zahlreichen erfolglosen Telefonaten gelangte ich schließlich an Herrn Walter Sippl. Er betreue hier in Langenau die Flüchtlinge. Endlich war ich an die richtige Person geraten, mir schien eine mit Mut, Herz und Verstand.

Er gab mir auf unsere Frage eine überraschend knappe Antwort ausgeführt an fünf Beispielen. Ich versuche seine Worte wiederzugeben:

Als Schule habt ihr einen Bildungsauftrag. Also kümmert euch um Bildung.

Wir haben hier eine Volksgruppe, sagte er, die wird nicht erst seit 5 Jahren, sondern seit über 500 Jahren daran gehindert sich zu integrieren.Sie hatten keine Chance grundlegende Bildung zu erwerben. Macht euch im Unterricht über diese Menschen kundig.
(Zur zeitlichen Einordnung: Vor 500 Jahren entdeckte Kolumbus Amerika und Martin Luthers Thesenanschlag führte zur Reformation).

Zur Bildung gehören 2) auch hygienische Standards wie Sauberkeit + Ordnung.

Zur Bildung gehören 3) sozialeFähigkeiten wie Rücksichtnahme u. Respekt.

Zur Bildung gehört es 4) lesen, schreiben und rechnen zu können.

Zur Bildung gehört 5) auch, dass unterschiedliche soziale Schichten miteinander reden können.

Als ich Herrn Sippl zuhörte, lief vor meinem inneren Auge ein Film mit fünf Szenen ab: Er zeigte mit zuerst eine große Leerstelle im Bildungsplan, wo es darum gehen sollte, welche Verhaltensweisen, Marktmechanismen und Ängste Integration verhindern. Dann sah ich, wie in unserer Schule Klassenzimmer und Tafel nach dem Unterrichtsende aussehen. (Hygiene)

Die dritte Szene zeigte mir, wie an den Frauen, die hier für Sauberkeit sorgen, ohne ein freundliches Wort oder einem Dank vorbeigerannt wird

Die vierte Szene wollte RBGler zeigen, die wenigstens zu fünf Herkunftsländern der Flüchtlinge was Verbindliches sagen können. (Als Ersatz sollte gezeigt werden wie häufig Schüler dafür dankbar sind, dass sie Rechnen, Schreiben und die Bildungsinhalte all der anderen exklusiven Fächer erlernen können.) In der letzten Szene sah ich vor meinem Auge jene von euch, die regelmäßig Kontakt mit Menschen halten, die nicht am Gymnasium sind, sondern an Realschule, Hauptschule oder sogar ohne Schulabschluss.

Und jetzt stellen wir uns nochmals die Frage der Abiturienten: Wer sind bei uns die Ausgegrenzten? Und ergänzen wir: Wer grenzt bei uns aus?

Wer auf das Kind in der Krippe vertraut, der weiß, dass es sogar Licht und Offenheit in den dunkelsten, verschlossensten Stall bringen kann. Die Chance der Adventszeit liegt für uns darin die Dunkelheit wahrzunehmen und Offenheit einzuüben.

Andreas Ziesl, Religionslehrer am RBG

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