DiaGo 190429 intro

Statt RBG-Schulgottesdienst: Gruß der Fachschaften Religion –
Mit Gottvertrauen und Nächstenliebe durchs neue Schuljahr

Der Start hinein ins neue Schuljahr ist geschafft, die ersten Tage liegen hinter uns. Eigentlich würde in diesen ersten Tagen des neuen Schuljahres unser RBG-Schulanfangs-Gottesdienst in der Martinskirche stattfinden, deren Turm von vielen Klassenzimmern und vom Schulhof aus sichtbar ist.

Dieses Jahr kann leider kein Schulanfangs-Gottesdienst stattfinden – der Grund ist das Virus, dessen Name wir bald nicht mehr hören können und vor dem wir uns, so gut es geht, schützen müssen. Leider auch, indem wir auf so schöne große Veranstaltungen wie einen gut besuchten Schulgottesdienst derzeit verzichten müssen.

Deshalb haben Frau Lormes und ich, Pfarrer Hauff, überlegt, anstelle des Gottesdienstes dieses Jahr einen kleinen schriftlichen Gruß im Namen aller Religionslehrerinnen und -lehrer auf unsere RBG-Homepage einzustellen.

Pfarrhaus 2020 09 2Auf den ersten Seiten der Bibel finden wir die sogenannte Schöpfungsgeschichte, die Erzählung vom Anfang der Welt und des Menschen. Es ist kein Bericht im naturwissenschaftlichen Sinn. Aber ein beeindruckender, berührender Text, der tiefe Sinnfragen aufgreift: Woher kommen wir? Wem verdanken wir uns? Was sind unsere Aufgaben in dieser Welt? Sind wir in dieser Welt auf uns allein geworfen – oder gibt es jene andere, größere Wirklichkeit, Gott, der uns umfängt und trägt?

Es ist nicht genug, wenn einer weiß, wie man zum Mond kommt. Er muss sich auch darüber klar sein, woher die Kräfte kommen, die er benützt, und die Gesetze, auf die er sich verlässt. Zu sagen: „Das ist alles durch Zufall so geworden“, ist zu wenig.

Die Schöpfungsgeschichte in der Bibel erzählt, dass diese Welt nicht das Produkt eines blinden Zufalls ist. Die Schöpfungsgeschichte erzählt vielmehr, dass Gott es war, der am Anfang einen paradiesischen Garten geschaffen hat, den Garten Eden, und dort hinein den Menschen gesetzt hat. Ein wunderschöner Park mit schattenspendenden Bäumen, frischem Quellwasser, zahlreichen Tierarten, mit denen der Mensch im Frieden lebt. Die Leserin und der Leser verstehen: Gott hat diese Welt gut geschaffen und sie dem Menschen anvertraut. Einfach so. Ohne Vorleistung. Aber mit der Erwartung: Dass der Mensch nun mit seinem Verstand, mit seinen Kräften, mit seinen Ideen diese anvertraute Welt gestaltet, dass er für sie sorgt, dass er gut auf sie achtet. In der Schöpfungsgeschichte heißt es: „Gott nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“

Wenn wir aufmerksam in diese Welt schauen, wenn wir Nachrichten sehen und hören, dann ist uns klar: Vieles in unserer Welt ist aus den Fugen geraten. Die Wüsten weltweit wachsen, Wälder stehen in Brand, Gletscher schmelzen und Wasser treten über die Ufer. Wenn wir nicht aufpassen, machen wir die letzten Naturparadiese in unserer Nähe, z.B. im Lonetal, und in der Ferne, z.B. den tropischen Regenwald, vollends platt. Dazuhin schleicht das Corona-Virus durch unsere Gesellschaft, und man hat den Eindruck: Jetzt im beginnenden Herbst sogar noch verstärkt.

Als die Menschen noch über keine so guten technischen und medizinischen Möglichkeiten wie wir heute verfügten, haben sie auf zweifache Weise auf solche Krisen und Grenzsituationen reagiert: mit Gottvertrauen und mit der Sorge um den Nächsten. Das sollten wir auch im 21. Jahrhundert beibehalten.

Kirchturm 2020 09 2Zum Gottvertrauen gehört Dankbarkeit, dass wir auch heute noch so viel Gutes erfahren, trotz allem - gute Zeiten in den Sommerferien, eine reiche Ernte auch in diesem Herbst. Zum Gottvertrauen gehört das Wissen um das Leid in der Welt – Jesu Kreuz erinnert uns daran zu allen Zeiten. Zum Gottvertrauen gehört die Hoffnung, dass am Ende alles gut wird.

Aus diesem Gottvertrauen erwächst die Nächstenliebe. Die Nächstenliebe äußert sich im Zusammenhalt, in Solidarität, im Wahrnehmen der Not des Nächsten und im Einsatz für die Schwachen. Die Nächstenliebe äußert sich auch darin, für uns und unsere Mitmenschen und unsere Nachkommen alles Menschenmögliche zu tun, um diese uns von Gott anvertraute Welt zu erhalten und zu bewahren: dass wir praktische Schritte tun – für Klimaschutz, dass wir verantwortlich mit Ressourcen umgehen, dass wir aufeinander achten und Rücksicht nehmen – und das heißt in Corona-Zeiten eben auch: Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz tragen und die Hygienemaßnahmen einhalten.

Wir wünschen allen Schülerinnen und Schülern, allen Lehrerinnen und Lehrern am RBG ein gutes Schuljahr – wir wünschen jeder und jedem das Gottvertrauen, das durch diese besondere Zeit trägt, und die Nächstenliebe, die uns achtsam miteinander und sorgsam mit der uns anvertrauten Schöpfung umgehen lässt. Worte des Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), die vor kurzem an den Turm der Martinskirche projiziert wurden, mögen uns begleiten: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Martin Hauff